NORDISCHE FILMTAGE LÜBECK

Suizid

Suizid

Kontext
Die Pubertät ist für viele Jugendliche eine besonders stressbehaftete Zeit. Viele alltäglich scheinende Themen wie Identitätskrisen oder Mobbing über Social Media können Jugendliche in dieser Lebensphase besonders stark belasten. Während Suizid und damit häufig verbundene psychische Erkrankungen immer noch tabuisiert werden, fühlen sich Jugendliche mit ihren Gedanken häufig allein gelassen. 

Nutzen durch Film
Film kann bei dieser Thematik unterstützen, lebensweltnah und bedürfnisorientiert eine Grundlage zur Thematisierung von Suizid zu geben. Während Jugendliche sich in dieser Lebensphase am liebsten ihren Freund:innen und ihren Peers anvertrauen, kann die Identifikation mit gleichaltrigen Filmcharakteren den Zugang zur Thematik erleichtern. Dabei kann aktiv an einer Enttabuisierung von Suizid und psychischen Erkrankungen gearbeitet und eine Annäherung an das Sozial- und Unterstützungssystem erarbeitet werden. Die Schüler:innenn bekommen die Möglichkeit, verstehen, erkennen und unterstützen zu lernen.

Anregungen rund um den Kinobesuch
Treten Sie mutig und aktiv auf, indem Sie die Thematik konkret ansprechen. Vor der Kinovorstellung sollte, wenn notwendig, eine Contentwarnung ausgesprochen und das Verlassen der Vorführung ermöglicht werden. Vergewissern Sie sich, ob Schüler:innen durch Suizid in der Familie oder im Freundeskreis betroffen sind und besprechen Sie die Umgangsweise individuell. Im Anschluss kann über Warnzeichen aufgeklärt und sensibilisiert werden. Es ist vorteilhaft, mögliche Kontaktstellen bereitzuhalten.

Im Kontext des Kinobesuchs bietet sich die aktive Arbeit in der Klasse zum Thema Suizid an, durch die die Schüler:innen sensibilisiert werden können. Dies kann z.B. im Rahmen von bekannten Figuren aus der Schullektüre geschehen, durch die die Thematik und der Umgang mit ihr verständlicher werden kann. 
Beispiel: Kennt ihr den Werther und Papageno? Beide sind bedeutende Beispiele aus der deutschen Kultur (und die Titelgeber für Dynamiken, die durch verschiedenen Umgang mit dem Thema Suizid entstehen können). Arbeitet gemeinsam heraus, welche Gemeinsamkeiten ihr für die beiden Charaktere findet, und welche Unterschiede. Wie gehen sie mit ihren schwierigen Situationen um? Kennt ihr noch andere Figuren z.B. aus der Schullektüre, die mit dem Thema Suizid konfrontiert werden? Tragt eure Ergebnisse zusammen und tauscht euch aus. 

Werther-Effekt und der sensible Umgang mit dem Thema Suizid 
Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass der Suizid einer prominenten Persönlichkeit weitere Suizide zur Folge haben kann. Diese Gefahr von Folgesuiziden durch Imitation (der sog. Werther-Effekt) betrifft besonders Menschen, die schon suizidgefährdet sind oder sich mit der durch Suizid verstorbenen Person verbunden fühlen. Einen großen Einfluss auf diese Entwicklung hat die Art und Weise der Berichterstattung über den Suizid in den Medien. Besonders häufig wird bei Folgesuiziden die Suizidmethode angewendet, wenn diese in der Berichterstattung genannt und detailliert beschrieben wird. 

Der Suizid ist ein tabuisiertes Thema. Deshalb sollte nicht verschwiegen werden, dass es sich bei einem Todesfall um einen Suizid gehandelt hat. Wichtig wäre der Hinweis, dass der Suizid immer ein Zeichen für psychische Probleme ist, die die Betroffenen mit ihren Möglichkeiten nicht glaubten bewältigen zu können und aufgrund ihrer psychischen Verfasstheit keine Hilfe suchten oder annehmen konnten. Sinnvoll sind Hinweise über den Hintergrund der Suizidgefährdung, auf Warnsignale und Risikofaktoren und Auswirkung des Suizids auf die Hinterbliebenen und regionale und überregionale Hilfsangebote. 

Dem Werther-Effekt steht inhaltlich der Papageno-Effekt gegenüber, der den Umstand beschreibt, dass die Kenntnis, dass suizidale Krisen überwunden werden können, suizidpräventiv wirken kann. Der Begriff stammt von der Figur Papageno aus Mozarts Oper „Die Zauberflöte“, der seine anfänglichen Suizidgedanken mit Hilfe von Anderen überwinden kann. 
Aus diesem Grund haben das Nationale Suizidpräventionsprogramm (NaSPro) und die Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention (DGS) Empfehlungen für die Berichterstattung und das Gespräch über Suizid zusammengestellt und empfehlen insbesondere: 

  • Berichten Sie bitte vom „Suizid“ oder einer „Selbsttötung“ und nicht von „Selbstmord“ oder „Freitod“ 
  • Vermeiden Sie es bitte, den Ort und die Methode des Suizides detailliert zu beschreiben oder durch Bildmaterial hervorzuheben; und ebenso Abschiedsbriefe zu veröffentlichen oder aus diesen zu zitieren 
  • Vermeiden Sie bitte einfache, monokausale Erklärungen für Suizid und ihn als nachvollziehbar, erlösend oder billigend dazustellen 
  • Nehmen Sie bitte Rücksicht auf die Hinterbliebenen, Angehörigen und weitere nahestehende Personen 
  • Vermeiden Sie Heroisierung oder Romantisierung des Suizids Stattdessen: 
  • Beschreibungen von konstruktivem Krisenmanagement 
  • individuelle Problematik erklären, Lösungsansätze und professionelle Hilfsangebote aufzeigen

Weiterführende Informationen für Schüler:innen

Wenn du selbst depressiv bist, wenn du Suizid-Gedanken hast, oder du dich sorgst, dass es bei jemandem in deinem Umfeld so ist, dann sprich bitte darüber mit anderen Menschen. Das können Freunde oder Verwandte sein, oder auch anonyme Helfer:innen. Es gibt eine Vielzahl von Hilfsangeboten, an die du dich wenden kannst. Das geht telefonisch, im Chat, oder persönlich. 
Die Telefonseelsorge ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr erreichbar. Die Telefonnummern sind 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222 und 116 123. Die Nummer gegen Kummer für Kinder und Jugendliche erreichst du montags bis samstags von 14-20 Uhr unter 116 111. Es gibt von der Telefonseelsorge auch die App „KrisenKompass“, die eine Art Notfallkoffer für Krisensituationen darstellt und auch direkte Kontaktmöglichkeiten zur Telefonseelsorge bietet. Den „KrisenKompass“ gibt es für iOs (https://android.krisen-kompass.app) und Android (https://ios.krisen-kompass.app). 
Wenn du gerne persönlich mit einem anderen Menschen über deine Gedanken sprechen willst, muss das nicht unbedingt ein/e Ärzt:in oder ein/e Psycholog:in sein. Du kannst dich selbstverständlich an Psychiater:innen, psychiatrische Kliniken oder auch Krankenhäuser wenden. Du kannst dich aber zum Beispiel auch an einen Pfarrer, Imam, Rabbiner oder eine andere Vertrauensperson wenden, wenn du den Weg zu einer Psychiaterin oder einem/r Therapeut:in scheust. Ärzt:innen unterliegen ebenso wie Psycholog:innen der Schweigepflicht. Für Pfarrer gilt neben dem Beichtgeheimnis das Seelsorgegeheimnis, nach dem einem/r Seelsorger:in Anvertrautes als vertraulich gilt.